In diesem Jahr fand erstmals ein Backyard-Ultramarathon im Thsrandter Wald statt. Ulrich Trodler und Michael Neuwirth erzählen: Was ist überhaupt ein Backyard-Ultramarathon, was war zur Vorbereitung alles nötig und wie lief die große Premiere?
Ein neues sportliches Großereignis wächst im Tharandter Wald. Neben dem TharandterWald-Cup des Radteams Tharandter Wald und dem Tharandter Waldlauf des Postsportvereins Dresden gesellt sich mit dem Backyard Ultramarathon im Tharandter Wald nun ein drittes Sportgroßereignis, orchestriert vom Sportclub Freital, hinzu.
Die Premiere dieses noch jungen Laufsportformates fand Mitte August in Grillenburg statt. 37 LäuferInnen fanden ihren Weg an die Startlinie. Für eine Erstveranstaltung eine durchaus beachtliche Zahl.
Was macht eine Backyard Ultramarathon eigentlich aus?
Die Regeln sind simpel: Zu jeder vollen Stunde wird eine Runde gestartet. Alle Teilnehmenden haben dann eine Stunde Zeit, um die Runde von exakt 6.705,5 m Länge zurückzulegen. Wer das geschafft hat, ist qualifiziert für die nächste Runde. Wer die Runde nicht innerhalb der Stunde schafft oder aufgibt, scheidet aus. Das geht so lange bis nur noch eine Person eine Runde abschließt. Diese Person ist dann der Sieger bzw. die Siegerin. Solange noch zwei oder mehr das Rundenziel im Zeitlimit erreichen, geht der Wettkampf weiter. Scheiden die letzten Teilnehmenden gleichzeitig aus, so hat niemand gewonnen und alle gelten als „DNF“ (did not finish).
Wann der Wettkampf zu Ende ist, kann daher kaum vorhergesagt werden. Auch das ist Teil des Reizes an diesem Format. Der aufmerksame Leser wird sich fragen warum hat die Runde eine derart krumme Zahl als Distanz? Da dieses Format ursprünglich aus Amerika stammt, rechnen wir den Wert um in 4,1666 Meilen. Wer diese 4,1666 Meilen 24 mal schafft, also einen ganzen Tag durchhält, hat im Ergebnis eine Gesamtdistanz von 100 Meilen stehen. Und es darf dann gerne noch weiter gehen.
Dass dieses Format nun im Tharandter Wald angekommen ist, liegt an Michael Neuwirth. Förster von Beruf, in Tharandt zu Hause. Passionierter Läufer, Chef aller Leichtathleten beim Sportclub Freital, Organisator verschiedener regionaler Läufe, vom Backyardfieber angesteckt. Optimale Voraussetzungen für einen Erfolg.
Nun ist bei einem Backyard die Organisation ein wenig anders und herausfordernd. Das Event ist eben nicht pünktlich nach 6 bis 8 Stunden zu Ende. Niemand weiß, wie lange die besten Sportler durchhalten werden. Ein zeitliches Pokerspiel, theoretisch im 3-SchichtSystem. Praktisch werden die wichtigsten Helfer im 1-Schicht-System am Ende genauso wenig geschlafen haben, wie die besten Athleten.
Was ist bei diesem Backyard eigentlich besonders gegenüber den anderen Veranstaltungen dieser Art? Zuerst: Wald, viel Wald. Wer diesen liebt, ist hier perfekt aufgehoben. Dazu zählt auch das Jagdhorn als Signalinstrument. Oder der tonnenschwere Baumstamm, an dem die aus Holz gefertigten Teilnehmermedaillen hängen, bereitgestellt vom örtlichen Forstmeister Jörg Klinder. Der Siegerpokal wurde aus feinstem Holz gefertigt.
Die Teilnehmer und ihre Ergebnisse
Die Teilnehmer loben insbesondere die familiäre Atmosphäre. 37 Teilnehmende sind ein gutes Startfeld. Nicht zu viel Gewusel und doch genügend Mitstreiter, um neue Bekanntschaften zu machen. Da Grillenburg keine Schul- oder Vereinssporthalle hat, brauchte es mobile Toiletten, mobile Duschen und das Zelt der freiwilligen Feuerwehr in Tharandt, sowie viele Meter Stromkabel und Wasserschläuche. Zusätzliche Kosten, die der SC Freital auf sich genommen hat.
Ein Backyard Ultra bekommt seine Atmosphäre auch durch die Teilnehmenden. Diese kamen aus der gesamten Bundesrepublik und darüber hinaus. Youssef aus Tunesien gab dem BU TW gleich zu seiner Premiere internationale Größe. Michael Stoffels, mit 62 Jahren auch der älteste Teilnehmer, reiste extra aus Ostfriesland an, um in Grillenburg an den Start zu gehen. Theo Götz und Max Ruf, zwei 20-Jährige junge Männer, kamen aus dem Schwarzwald.
Die Teilnahme an einem Backyard Ultra kann auch aus einer Schnapsidee heraus entstehen. So haben Melanie Oswald und Dana Kuban aus Dresden die siebte Runde begonnen, kamen aber nach kurzer Zeit wieder zurück. Sieben Runden und ein Bisschen bedeuten eine Marathondistanz. Eine Strecke, die vorher nicht erreichbar erschien, jetzt das ersehnte Happy-End der beiden war.
Dieses Ende war auf der anderen Seite auch ein klein wenig schade. Denn das Vollenden dieser siebenten Runde ist gleichzeitig die Eintrittskarte ins Reich der Ultraläufer. Insgesamt 13 der 37 Teilnehmenden haben genau das erreicht: den ersten Eintrag in der Datenbank der deutschen Ultralauf-Vereinigung - zum ersten Mal mehr als 42,195 km gelaufen.
Unter diesen 13 ist mit Nora Steingroewer auch das Küken des Teilnehmerfeldes zu finden. Gerade 18 Jahre alt geworden und damit frisch startberechtigt hat Nora ihrem Chef Michael nun den Vereinsrekord des SC Freital weggeschnappt: 8 Runden (53,64 km).
Der Beste unter allen 13 Newcomern ist Daniel Besser. Ein Briefzusteller der Deutschen Post aus Chemnitz. Der mit seinem unverwechselbaren Lächeln insgesamt 18 mal ins Ziel kommt und seine persönliche Bestleistung von 35 auf 120 km steigert.
Er ist damit platzgleich auf Platz 3 mit zwei ganz erfahrenen Athleten, die beide mehrfach 100 Meilen gelaufen sind: Elke Beierlieb aus der Nähe von Bamberg (the last Women standing) und André Klemt aus Görlitz. Für beide sind 18 Runden ebenso persönlicher Backyard Rekord.
Damit waren für sieben weitere Runden noch zwei Läufer übrig: Youssef Ben Khamsa aus Berlin und Mike Kanbach aus Bovenden/Göttingen, die als Favoriten nach Tharandt gekommen waren und dieser Rolle am Ende gerecht wurden. Das gesamte Rennen über ließen sie sich nie aus den Augen und kamen konstant zwischen 48 und 50 Minuten pro Runde ins Ziel. Tatsächlich kam die Aufgabe von Mike etwas überraschend, denn er machte auf der Zielgeraden des Rennens den frischeren Eindruck. Nach 26 Runden fiel also die Entscheidung: Youssef ist der Premierensieger mit einer insgesamt zurückgelegten Strecke von 174 km. Mit einer Runde weniger und 167 km ist Mike der Assist, wie der Zweite fachgerecht in der Backyard-Sprache heißt.
Die Organisation des Marathons
Die Organisatoren waren am Ende vor allem eines: Glücklich. Denn die letzten Tage und Wochen hatten es mehr in sich, als wünschenswert war. Aber pünktlich zum Wettkampftag war das Wetter traumhaft, die Stimmung entspannt und die Örtlichkeit in Grillenburg einladend.
Nun ist der Weg gebahnt für die nächsten Male. Liest man die Kommentare zur Veranstaltung, dann werden die Läufer auch 2026 freiwillig wiederkommen. Egal, ob dann die Runde rechtsherum oder linksherum zu laufen sein wird. Oder beide Richtungen abwechselnd. Denn dieser Findungsprozess mit den Läufern ist noch in vollem Gange. Bei Interesse kam man sich gern auf der Internetseite des SC Freital informieren. Die Startplätze werden auf 100 Teilnehmende begrenzt. Mehr geht nicht, ohne dass die besondere Atmosphäre Schaden nimmt. Die Anzahl der Runden, die gelaufen werden dürfen, ist aber unbegrenzt. Die Sportwelt ist gespannt, ob nicht irgendwann in Grillenburg der Weltrekord gebrochen wird. Dieser liegt derzeit bei 119 Runden, was 798 km entspricht.
Abschließend gilt unser Dank allen Sponsoren und Unterstützenden. Allen voran der REWE-Filiale Hanna Herzog in Freital für die Bereitstellung der Lebensmittel, der Firma SPOT aus Dresden für die Strom- und Wasserversorgung und dem Freizeit- und Erholungszentrum Hains in Freital für die Bereitstellung vieler nützlicher Möbel und Geräte. Der Stadtverwaltung Tharandt, dem Forstbezirk Bärenfels und der Colmnitzer Agrargenossenschaft danken wir für die unkomplizierten Genehmigungen. Dem Radteam Tharandter Wald danken wir dafür, dass sie rund um die Uhr aufgepasst haben, dass niemand auf der Strecke verloren geht.








